Einen Termin am Sonnabend vereinbaren, ein Outfit cringe finden oder eine neue Bekanntschaft ironisch als eloquent bezeichnen – bei welchen dieser Formulierungen habt ihr gestutzt? Sprache und Texte transportieren mehr als nur Informationen.
Sonnabend als Bezeichnung für den Samstag ist vor allem in Nord- und Mitteldeutschland in der Alltagssprache zu finden. Cringe als Adjektiv fällt in den Bereich der Jugend- oder Netzsprache. Es beschreibt Dinge oder Situationen, die peinlich sind oder zum Fremdschämen. Ironisch und eloquent deuten auf einen Sprachstil, der eher bildungssprachlich ist. Leser*innen verstehen Texte am besten, wenn der Schreibstil ihrem eigenen Sprachstil entspricht. Autor*innen haben ein bestimmten Leserkreis. Kinderbücher brauchen eine andere Sprache als Fachartikel. Dabei kommt es nicht nur auf die passenden Wörter an. Ein verständlicher und auf die Leser*innen abgestimmter Schreibstil hängt von verschiedenen Komponenten ab.
Wie sich Sprachstile unterscheiden
In jeder Sprache gibt es unterschiedliche Sprachstile. Das sind Sprachformen, die sich durch bestimmte Merkmale auszeichnen. Dazu gehören die Standardsprache, die Alltagssprache, gehobene Sprache oder Sprachstile wie die Jugendsprache, die nur in speziellen Gruppen Anwendung finden. Verschiedene Komponenten beeinflussen den Stil. Je nach Sprachstil unterscheiden sich Wortwahl und der genutzte Wortschatz, die Anrede, der Satzbau und die Tonalität.
Im Marketing ist es wichtig, die Sprache der anvisierten Kund*innen zu sprechen. Texte entstehen für eine Zielgruppe. Sie umfasst den Personenkreis, an den sich die Werbebotschaften richten. Details wie die Wortwahl oder die Anrede sind wohlüberlegt. Ist duzen für die Zielgruppe passend? Wirken Anglizismen stimmig oder gekünstelt?
Wortwahl und Wortschatz
Der durchschnittliche aktive Wortschatz liegt bei Erwachsenen bei etwa 16.000 Wörtern. Er umfasst die Alltagssprache und die am gängigsten genutzten Formulierungen und Wörter. Der passive Wortschatz ist weitaus größer und betrifft Bereiche wie Ausbildung, Beruf oder Interessensgebiete. Jeder kennt beispielsweise verschiedene Fremd- oder Fachwörter, die aber nur in manchen Situationen zum Einsatz kommen. Der passive Wortschatz ist schwer abzuschätzen, da er sich individuell gestaltet, er umfasst bis zu 100.000 Wörtern.
Wer einfache Ausdrücke aus der Alltagssprache nutzt, steigert die Verständlichkeit des Textes. Wörter aus dem passiven Wortschatz erfordern beim Lesen mehr Konzentration. Der Text ist aber präziser und sachlicher. Fachbegriffe sind in Fachtexten sinnvoll, da sie komplexe Sachverhalte auf den Punkt bringen.
Neben der Fachsprache gibt es den Themen-Wortschatz, der mit speziellen Formulierungen aufwartet, die für Außenstehende nicht immer zu verstehen sind. Das betrifft beispielsweise die Jugendsprache, Sportarten oder Politik. Dieser Themenwortschatz lässt Wortspiele, Metaphern oder Vergleiche zu. Voraussetzung für die Nutzung des Themenwortschatzes ist, dass die Zielgruppe die Anspielungen versteht. Gleichzeitig braucht es bei der Verwendung das Sprachverständnis der textenden Person. Wer Jugendsprache innerhalb eines sonst gehobenen Sprachstils verwendet, wirkt unecht oder sogar anbiedernd.
Ein verständlicher Schreibstil entsteht dadurch, dass sich Autor*innen an die gesprochene Sprache orientieren. Gleichzeitig gibt es in der Alltagssprache Elemente, die besser nicht in einem Text vorkommen. Dazu zählen beispielsweise Heckenausdrücke. Im Gesprochenen nehmen diese Wörter der Aussage ihre Bestimmtheit oder ordnen sie ein. Das wirkt höflicher. Wörter wie eigentlich, irgendwie oder vielleicht vermitteln aber zugleich Unsicherheit. In einem Text sind sie daher weniger nützlich als in einem Gespräch. Sie verhindern klare Aussagen.
Welche Anrede?
Duzen, Siezen oder keine Anrede, die Form der Ansprache entscheidet ebenfalls darüber, ob Leser*innen sich angesprochen fühlen. Die Zusammensetzung der Zielgruppe entscheidet über die passende Anrede.
Duzen ist mittlerweile sehr verbreitet. In Texten vermittelt ein Du Nähe und Einfachheit. Duzen eignet sich vor allem für ein jüngeres Publikum, international agierende Leser*innen oder Personen, die sich viel im Internet bewegen.
Siezen ist in manchen Branchen geeigneter. Je nach Alter oder Beruf verstehen die Angesprochenen diese Anrede als Zeichen des Respekts und der Höflichkeit. Die klassischen Beispiele für Branchen, in denen Siezen ansprechender ist, sind Versicherungen oder Finanzinstitute. Siezen ist sicherer, wenn es darum geht, niemanden zu nahe zu treten und den falschen Ton zu treffen.
Das Siezen und Duzen ergänzen indirekte Anredeformen im Plural wie Ihr oder Euch. Damit lässt sich verdeutlichen, dass die Community oder eine Gruppe angesprochen ist. Diese Form schafft Zugehörigkeit und ist vor allem bei Social-Media-Posts passend. Exklusive Dienstleistungen oder Angebote profitieren eher von einer direkten Anrede einer Einzelperson.
Bei manchen Formaten steht eine neutrale Form ohne Anrede fest. Fachartikel, Glossare oder Beschreibungen von Produkten sind üblicherweise ohne Anrede, da sie einen sachlichen und neutralen Stil haben.
Satzbau
Der Satzbau und die Länge der Sätze beeinflussen die Wahrnehmung des Textes oder des Inhalts. Thematisch lassen sich im Deutschen die Satzarten Frage, Aussage, Wunsch oder Aufforderung unterscheiden.
Die Satzlänge und der Satzbau beeinflussen die Verständlichkeit. Kurze Sätze sind am leichtesten zu verstehen, sie wirken anspruchslos und effektiv: Bis zu einer Satzlänge von 15 Wörtern steht bei durchschnittlichen Leser*innen der Inhalt der Aussage im Mittelpunkt. Der Satz lässt sich leicht wahrnehmen, ohne auf Nebensätze oder Einschübe zu achten.
Lange Sätze wirken anspruchsvoller und schaffen es, komplette Bilder zu erschaffen. Sie bleiben leicht verständlich, wenn die Konstruktion nicht voller Einschübe ist. Verwinkelte Sätze mit Zusätzen und einer komplizierten Satzkonstruktion erfordern Konzentration beim Lesen. Sie sind in vielen Fällen unnötig und dennoch häufig in Fachtexten oder wissenschaftlichen Texten zu finden.
Je nach Branche, Textart und Produkt haben kurze und lange Sätze ihre Vor- und Nachteile. Kurze Sätze wirken in der Menge gehetzt, lange Sätze ausufernd und ermüdend.
Tonality
Für Texte, die sich explizit an Leser*innen richten, ist die Tonalität oder Tonality wichtig. Die Tonalität von Aussagen entscheidet über die Stimmung, die mitschwingt oder Gefühle, die der Text bei den Leser*innen hervorrufen soll. Die Tonality erschafft mit der passenden Wortwahl und dem Satzbau eine Stimmung, die die Wahrnehmung von Produkten oder Dienstleistungen beeinflusst. Die Wahl der Tonality ist abhängig von der Zielgruppe und der Aussage. Dabei ist beispielsweise wieder die Wortwahl wichtig: Eine sachliche Aufzählung von Fakten entspricht einer neutralen Tonality. Trockene Daten zu Produkten lassen sich aber mit einer verniedlichenden, einer poetischen oder modernen Wortwahl beleben.
Die Tonality trägt zur Wahrnehmung eines Unternehmens bei. Es kann sich mit der passenden Tonalität als konservativ und traditionell präsentieren oder als modern und dynamisch. Zugleich ist es wichtig, dass die Tonalität dem eigenen Sprachstil ähnelt, um nicht gestellt oder unaufrichtig zu wirken. Dabei gilt es bei Texten vor allem die gewählte Tonalität durchweg beizubehalten. Wer sich unsicher bei treffenden Wörtern ist, geht mit einer konservativen, sachlichen Tonalität auf Nummer sicher. Ein gleichbleibender Stil ist besser, als im Text von einer nüchternen Stimmung zu einer leidenschaftlichen oder humoristischen zu wechseln.
Zielgruppe bestimmen
Um einen Text ansprechend zu schreiben, ist vorab zu klären, für wen das Geschriebene gedacht ist. Das gilt vor allem für Business- und Marketingtexte. Die Zielgruppe ist diejenige, die durch die Texte von Produkten zu überzeugen oder zu informieren ist. Sie setzt sich je nach Produkt oder Textbotschaft unterschiedlich zusammen. Alter, Geschlecht, der Lebensraum, die Ausbildung oder das Einkommen bestimmen die Zielgruppe und den passenden Schreibstil. Darüber hinaus sind Bereiche wie Werte oder Branche entscheidend. Je detaillierter die Kenntnisse über die Zielgruppe sind, desto besser lässt sich die Sprache anpassen.
Neben dem Wissen, wer den Text liest, gehört zum passenden Sprachstil ihn an den Inhalt und an die Botschaft anzupassen. Sachliche Texte brauchen keinen Schreibstil mit vielen Adjektiven und einer emotionalen Sprache. Vorab gilt zu klären, an wen sich Texte richten und für was diese Personen sich begeistern. Mit welchem Schreibstil lässt sich diesen Erwartungen entsprechen? Ein emotionaler Stil versucht, Gefühle bei den Leser*innen zu wecken. Er passt gleichermaßen zu werbenden wie zu belletristischen Texten. Ein rationaler Stil ohne Wertung eignet sich weniger für Romane, Werbetexte oder Blogartikel. Er ist ideal für technische Beiträge, sachliche Artikel, Fachtexte oder Produktinformationen.
Corporate Language
Für Unternehmen von Interesse ist der Begriff Corporate Language. Sie legt einen einheitlichen Sprachstil in Texten für Kunden oder für die Selbstdarstellung des Unternehmens fest. Unter Corporate Language fallen beispielsweise die Anrede oder welche Wortwahl zu bevorzugen und zu vermeiden ist. Mit einem Leitfaden zur Unternehmenssprache fällt es Texter*innen leichter, einen Sprachstil einzuhalten. Gleichzeitig ist er für alle Mitarbeiter*innen hilfreich, um mit Kund*innen einheitlich zu kommunizieren. Die Corporate Language hilft nicht nur bei der Erstellung von Texten oder Kunden- oder Presseanfragen. Sie stellt einen Wiedererkennungswert von Unternehmen dar. Idealerweise ist die Corporate Language so auf das Geschäft und die Zielgruppe abgestimmt, dass sie sich in der Werbung zu einem Alleinstellungsmerkmal entwickelt.
Dieser oberflächliche Ausflug zum Thema Bestandteile eines Schreibstils verdeutlicht, dass es beim Texten nicht nur um Inhalte geht. Die Entwicklung der Sprache ist ein Aspekt, der Texter*innen und Autor*innen während ihrer Arbeit begleitet. Stile wie die leichte oder gendersensible Sprache machen das Schreiben von Texten neben den wechselnden Inhalten zu einer interessanten Aufgabe.