Spaß mit Staatennamen – von Namensänderungen, Schreibweisen und Artikeln für Staaten

Wer entscheidet über Ländernamen?
Wegweiser aus Holz

Neulich erwähnte eine Bekannte in einem Gespräch, dass ihre Eltern in Galicien leben. Ich fragte, ob sie denn dann auch polnisch sprechen könne, und sie war verwirrt. Ich dachte an Galizien in Polen und sie redete von Galicien in Spanien. Hätten wir uns geschrieben, wäre mir der Unterschied vielleicht aufgefallen. Dennoch stellte sich mir die Frage, wer entscheidet eigentlich über Länder-, Regionen- und Städtenamen? Wie sind die Regeln bei der Übertragung der geografischen Bezeichnungen ins Deutsche?

Wer legt die Schreibung von Staatennamen fest?

In Deutschland gibt es drei Anlaufstellen, um die richtige Schreibweise von Staatennamen, Regionen oder Städten nachzuschlagen: den Duden, das Auswärtige Amt (kurz AA) und der Ständige Ausschuss für geographische Namen (kurz StAGN).

Wer sich bei einer Schreibweise eines Ländernamens nicht sicher ist, schlägt im Duden nach. Der Nachteil bei der gedruckten Version des Dudens ist seine Aktualität. Staaten entstehen, Staaten ändern ihre Namen. In meiner Dudenausgabe finde ich beispielsweise Nordmazedonien nicht. In der Onlineversion hingegen schon.

Das Auswärtige Amt veröffentlicht regelmäßig Listen über amtliche Bezeichnungen von Ländern und Städten, die sich hier abrufen lassen. Eine Stärke dieser Listen sind im Vergleich zum Duden die Anmerkungen, die sich auf veraltete Schreibweisen beziehen. Online bietet das AA zusätzlich weitere hilfreiche Informationen zu den Staaten, die allerdings vor allem Reisende betreffen. Eine Schwäche des Auswärtigen Amtes als Auskunftgeber über die korrekte Schreibweise ist der diplomatische Hintergrund dieser Informationen: Die zur Verfügung gestellten Listen nennen nur Staaten und Städte, in denen es deutsche Auslandsvertretungen gibt. Eine wesentliche Funktion des AA ist die Diplomatie. Dementsprechend fallen Staatennamen weg, bei denen der Status umstritten ist, wie beispielsweise Palästina.

Der Ständige Ausschuss für geographische Namen arbeitet an Empfehlungen und Richtlinien zur Schreibweise von geografischen Bezeichnungen. Hier wird alles diskutiert, von Flussnamen bis hin zu Staatennamen. In Deutschland entscheiden die einzelnen Bundesländer über die amtliche Schreibweise deutscher Regionen und Dörfer unter Berücksichtigung dieser Empfehlungen. Der StAGN veröffentlicht ebenfalls regelmäßig Listen und Publikationen zu geografischen Bezeichnungen. Der Onlineauftritt des StAGN ist etwas unübersichtlich, aber zahlreiche Übersichten zu geografischen Bezeichnungen sind hier online abrufbar.

Internationale Schreibweisen

Nahezu jeder Staat hat Gremien oder Organisationen, die dafür zuständig sind, einheitliche Bezeichnungen für Länder, Städte oder geografische Gegenden festzulegen. International gibt es dafür beispielsweise eine Sachverständigengruppe bei den Vereinten Nationen, der United Nations Group of Experts on Geographical Names (kurz: UNGEGN).
Aber wie legen Länder ihre Namen fest? Wer hat beschlossen, dass Deutschland Deutschland heißt? Offizielle Staatsbezeichnungen sind immer Sache der Länder. Sie gehen auf einen sogenannten staatlichen Hoheitsakt oder einen Beschluss der verfassungsgebenden Versammlung oder des Parlaments zurück.

Auf dem afrikanischen Kontinent hat das beispielsweise zu zwei Kongos geführt. Namensgeber war der Fluss, der beide Länder durchquerte. Präziser gesagt gab es die Volksrepublik Kongo und die Demokratische Republik Kongo, die im normalen Sprachgebrauch nur Kongo hießen. Mit der Geschichte eines Staates ändert sich auch ab und an deren Bezeichnung. Wechselhaft war der Staatenname der Demokratischen Republik Kongo. Die Republik hatte seit ihrer Unabhängigkeit in den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts mit wechselnden Regierungen und Diktaturen jeweils unterschiedliche Namen. Insgesamt änderte sich der Staatenname viermal von Republik zu Demokratische Republik zu Zaire und wieder zurück zu Demokratische Republik Kongo.

Wenn sich Ländernamen ändern: von Weißrussland zu Belarus

Zeiten ändern sich und so auch die Namen von Staaten. Bei manchen Staatennamen gibt es ältere Versionen, die infrage gestellt werden. Bestes Beispiel ist im Deutschen der Wechsel von Weißrussland zu Belarus. Auch wenn viele denken, dass Weißrussland nur die Eins-zu-eins-Übersetzung von Belarus sei. Das stimmt so nicht. Bela bedeutet zwar im Deutschen „weiß“, aber bei dem Wörtchen „Rus“ liegt der Knackpunkt: Rus meint nicht Russland, sondern bezieht sich auf eine Region und einen Volksstamm, die schon lange vor Russland existierten. Hinzu kommt, dass beim Namen Weißrussland die Verknüpfung zu Russland mitschwingt, als ob Belarus nur ein Teil von Russland wäre.
Ein weiteres Beispiel aus Europa ist Mazedonien. Das heutige Nordmazedonien und Griechenland haben sich lange Zeit über die Bezeichnung Mazedonien gestritten. Denn in Griechenland gibt es eine Region desselben Namens. Tschechien hingegen änderte seine Benennung als Marketingmaßnahme. Aus der Tschechischen Republik wurde 2016 einfach nur Tschechien.

Vor allem bei den Ländernamen, die auf die Kolonialgeschichte zurückgehen, ändern sich die Staatennamen. Bei Birma, dem heutigen Myanmar, steht hinter dem Namen eine komplette politische Geschichte. In Deutschland war Birma bis in die 90er-Jahre hinein die gängige Bezeichnung. Im Englischen lautete sie Burma – und ist auch heute noch oft zu lesen. Das Militär-Regime von Burma/Birma benannte den Staat 1989 in Myanmar um. Je nachdem, welcher Name für das Land zum Einsatz kommt, lässt sich zugleich eine politische Botschaft transportieren (zumindest für diejenigen, die die Geschichte kennen): Wer weiterhin Burma sagt und schreibt, spricht der damaligen Regierung, die die Namensänderung initiierte, in gewisser Weise die Akzeptanz ab.

Andere Beispiele aus Asien, bei denen Umbenennungen einen Abschluss mit der kolonialen Sprache darstellen sollten, sind Indien oder Sri Lanka. In Indien sind viele Städte umbenannt worden. Bombay beispielsweise war die portugiesische Bezeichnung für das heutige Mumbai. Auch Ceylon war ein Begriff, den die Portugiesen prägten. In Abgrenzung dazu benannte sich der Staat mit seiner Unabhängigkeit seit 1972 in Sri Lanka um.

Auf dem afrikanischen Kontinent haben viele Länder eine Geschichte voller wechselnder Bezeichnungen. Ein illustres Beispiel ist Swasiland. Hier änderte der König 2018 den Namen zu Eswatini. Die Begründung dafür war, er möge es nicht, dass sein Land im Ausland aufgrund der Bezeichnung mit der Schweiz verwechselt werde. Ein weiteres Argument war, dass er die durch die Kolonialmächte geprägte Staatsbezeichnung abschaffen wollte.

In der Änderung eines Staatennamens schwingt bei vielen Fällen ein politisches Statement mit. Dementsprechend wichtig ist es, die Bezeichnungen korrekt oder zumindest mit einem erklärenden Hinweis einzusetzen.

Wie wird aus 日本 Japan und aus Москва́ Moskau?

Die Schwierigkeiten bei der Übertragung von ausländischen geografischen Bezeichnungen beginnen bei der Sprache. Ein anderes Alphabet, wie beispielsweise im Russischen oder Japanischen erfordert zunächst die Übertragung in die uns bekannte lateinische Schrift. Dabei gibt es unterschiedliche Ansätze.

Bei der Transkription geht es darum, die Aussprache zu übertragen.

Die Transliteration versucht, die Schrift ins Lateinische zu bringen. Bei einer Transliteration kommen diakritische Zeichen zum Einsatz. Sie helfen bei Buchstaben, die es so in der lateinischen Schrift nicht gibt.

Die Transliteration von Москва ist dann Moskva und die Transkription Moskwa. Aber warum heißt es dann im Deutschen Moskau? Zum einen lässt sich so die Stadt vom namensgebenden Fluss unterscheiden. Zum anderen wird das „kwa“ in der deutschen Aussprache zu einem „au“.

Um die Schreibweisen bei Transkriptionen zu vereinheitlichen, gibt es Systeme. Für die am gängigsten übersetzten Sprachen gibt es Standards, die sich im Duden nachschlagen lassen. Für andere Sprachen gelten Normen, die eine einheitliche Schreibweise bei einer Übersetzung sicherstellen. Am sichersten ist es, für den eigenen Text auf den Duden oder den Normen zurückzugreifen.

Exonyme und Endonyme

Die Regeln der Transkription bei geografischen Bezeichnungen sind bei Exonymen ausgesetzt. Grundsätzlich lassen sich geografische Begriffe in Endo- und Exonyme einteilen.

Endonyme sind beispielsweise Ankara oder Madrid. Die Namen der Städte entsprechen ihrer Herkunftssprache. Das gilt auch für Namen, die erst in die lateinische Schrift übertragen werden, wie Tokio oder Bagdad.

Exonyme hingegen sind Neuschöpfungen, die sich durch einen langen Gebrauch durchsetzten. Im Deutschen betrifft das zum Beispiel Japan. Die japanische Selbstbezeichnung ist „nihon“ und hat keine lautliche Ähnlichkeit mit dem deutschen Wort. Diese Exonyme haben meistens zwei geschichtliche Hintergründe: Die zu übersetzende Sprache hat Lautunterschiede zur Zielsprache. Oder die ursprünglichen Namen der Orte waren den Besetzern oder neuen Siedlern unwichtig und sie benannten sie entsprechend ihrer Herkunftssprache um.
Im Falle Japans geht die Übersetzung wahrscheinlich auf Marco Polo zurück. Wer will so einem Weltreisenden widersprechen? Dabei übersetzte er nicht das japanische Wort für Japan, sondern das Chinesische. Portugiesische Händler übernahmen ebenfalls die kantonesische Bezeichnung „Japang“ und so wurde in Europa aus „Nihon“ „Japan“.

Die, der, das oder einfach nur Frankreich?

Ein besonderer Spaß für Deutschlernende sind die Artikel. Wie sich im Deutschen entscheidet, was sächlich/neutrum, weiblich/feminin oder männlich/maskulin ist, wäre einen eigenen Text wert.

Für Ländernamen gilt, dass die meisten Länder sachlich sind und ohne Artikel stehen. Frankreich, Polen, Tschechien, Dänemark oder Österreich sind dafür Beispiele. Erst wenn vor dem Land eine Beschreibung tritt, kommt der Artikel wieder ins Spiel. Dann heißt es beispielsweise das schöne Frankreich.

Unter den Nachbarn Deutschlands gibt es auch Länder mit Artikel: Die Schweiz ist feminin. Im Vergleich zu sachlichen Ländernamen spiegelt bei weiblichen Staatennamen der Artikel den entsprechenden Fall wider. Es heißt beispielsweise die Einwohner Frankreichs und die Einwohner der Schweiz.

Da es im Deutschen drei grammatische Geschlechter gibt, ist es nur konsequent, dass es auch maskuline Ländernamen gibt. Dazu gehören der Irak und der Iran. Bei den männlichen Ländernamen ist es etwas komplizierter, sie den Fällen entsprechend zu deklinieren. Im Sprachgebrauch gibt zwei Varianten: entweder auf den Artikel zu verzichten und nur den Ländernamen zu nutzen oder den Artikel anzupassen. Der Duden nennt als Beispiel die Formulierung „die Hauptstadt Irans“, die auch „die Hauptstadt des Irans“ heißen darf. Beide Varianten sind möglich und anerkannt. Beim Iran lässt sich der Verzicht auf den Artikel leicht erklären: Im Persischen gibt es keine Artikel für Länder.

Neben den drei Geschlechtern gibt es Ländernamen, die grundsätzlich im Plural stehen. Bestes Beispiel dafür sind die Bahamas oder die Philippinen. Macht ja auch Sinn, denn immerhin bestehen diese Länder aus zahlreichen Inseln. Die Niederlande und die USA stehen hingegen aufgrund ihrer Landesstruktur im Plural.

Als Stütze für all diejenigen, die Schwierigkeiten mit den Artikeln haben, ist der Duden der erste Anlaufpunkt. Er listet auch die Deklination der Ländernamen auf.

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