Das Moment, der Moment – wer ist verwirrt?

Wer Texte schreibt, kennt sich perfekt mit der deutschen Sprache aus? Alle Regeln der Grammatik, Rechtschreibung oder eines gepflegten Stils im Gedächtnis zu haben, ist eine Meisterleistung. Daher ist es reizvoll, sich ab und an mit alltäglichen Fragen zu beschäftigen. Wann es der und wann es das Moment heißt, war für mich der Auslöser, mich wieder in die Tiefen der deutschen Linguistik zu stürzen.

Während meines Germanistikstudiums gehörte Linguistik eher zur Pflicht. Warum bei den Grundlagen, bei Morphemen und Genera aufhalten, wenn ich als Muttersprachlerin durch Sprachgefühl weiß, was richtig und falsch ist? Die Pflichtkurse waren sinnvoll, Sprachgefühl hin oder her, manche Sachen sind nicht mit „Das ist halt so“ zu erklären. Allerdings ist das Studium schon länger her. Deswegen erwischte mich letztens die Frage, warum es einen und ein Moment gibt, auf dem falschen Fuß. Meine Begründung, dass es unterschiedliche Wörter seien wie der und das Laster, halfen nicht weiter, weil sie die ursprüngliche Frage nicht beantworteten.

Die Herkunft entscheidet über „das“ oder „der“

Der Moment und das Moment sind Wörter, die sich in ihrer Bedeutung unterscheiden. Der Moment ist im alltäglichen Sprachgebrauch üblicher und ein anderes Wort für einen Augenblick und für eine kurze Zeitangabe.

Das Moment ist ein Fachausdruck, den viele aus dem Physik- und Deutschunterricht kennen. Bei mir hat sich logischerweise das retardierende Moment eingeprägt. Ein Klassiker in der Interpretation von literarischen Werken. Das retardierende Moment umfasst in Dramen eine Szene, die nach einem Höhepunkt dafür sorgt, dass die Spannung erhalten bleibt. Klingt zunächst nahe dran an dem Verständnis von Moment als Zeitpunkt. Daher ist es sinnvoller, sich den Gebrauch von Moment in der Physik anzusehen. Da ist das Moment ein Ausschlagpunkt, an dem sich Werte und Zustände durch eine Kraft oder einen Impuls ändern.

Jetzt könnte ich ein Hohelied auf die deutsche Sprache anstimmen, die es schafft, zwei unterschiedliche Bedeutungen desselben Wortes durch verschiedene Artikel zu kennzeichnen. Allerdings entstanden die Geschlechter schlicht und einfach durch die Entlehnung aus unterschiedlichen Sprachen. Beide Worte stammen, um präzise zu sein, vom lateinischen „Momentum“ ab. Der technische, physikalische Begriff kommt direkt aus dem Lateinischen. Dort ist Momentum ein sächliches Substantiv und es bekam in der deutschen Übertragung ebenfalls ein sächliches Geschlecht. Der zeitliche Begriff, der im lateinischen Ursprungswort im übertragenen Sinne mitenthalten ist, gelangte Jahrhunderte später aus dem Französischen in die deutsche Sprache. Im Französischen heißt es „le moment“ und dementsprechend im Deutschen der Moment.

Synonyme helfen …

Nach diesem kleinen Exkurs zur Sprachgeschichte und Wortbedeutung ist deutlich, warum es das Wort Moment in zwei unterschiedlichen Geschlechtern gibt. Handelt es sich um eine zeitliche Angabe oder nicht? Daraus lässt sich der oder das Moment ableiten. Der Klassiker ist beispielsweise das Überraschungsmoment. Das bezieht sich nicht auf den Zeitpunkt, in dem jemand überrascht ist, sondern auf das Moment der Überraschung. Wer sich auf den Augenblick der Überraschung beziehen will, sagt passenderweise Überraschungsmomentmoment. Absolut nachvollziehbar, oder?

Für alle Fälle hilft es, zu prüfen, ob im Satz Augenblick oder Situation als Synonym für Moment besser passt. Und wenn das nicht weiterhilft, gibt es eine Rechtschreibprüfung oder die Option, ein anderes Wort zu nutzen.

Comments (2):

  1. Marilena

    25. September 2022 at 11:15

    Danke. Obwihl in die Grammatik sehr Ansoruchvoll bin, hatte ich Mommente der verwirrung. Die o.g. Erklärung hat Licht in Denken gebracht.
    Thankyou.

    Antworten
    • Sabine Arndt

      25. September 2022 at 11:47

      Ich freue mich, wenn ich dir bei dieser Frage helfen konnte.

      Antworten

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